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Erziehung

Welchen Einfluß kann die Erkrankung auf die Erziehung des Kindes haben?

Die psychotherapeutische Erfahrung zeigt, daß gerade Kinder mit Neurodermitis Probleme haben, eigenständig zu werden, da die ständige Hautpflege und der damit verbundene enge körperliche Kontakt die „Abnabelung“ des Kindes von den Eltern erschwert. Zudem nehmen Eltern im Umgang mit dem Kind ungewollt oft Verhaltensweisen an, die für die Erkrankung ihres Kindes negative Folgen haben: Mitleid und Schuldgefühle verleiten viele Eltern dazu, ihr Kind übertrieben fürsorglich und zu nachgiebig zu erziehen. Dadurch lernt das Kind nicht, die eigenen Grenzen und die der anderen zu erkennen und zu achten. Eine übertriebene Fürsorge bedeutet für ein Kind auch, daß es für sein Kranksein belohnt wird. Darauf möchte es nicht mehr verzichten und entwickelt so keinen eigenen Antrieb, seinen Hautzustand zu verbessern: „Solange ich mich kratze, kümmern sich meine Eltern um mich“.

Um dieses Schema zu durchbrechen, ist es wichtig, ruhig und gelassen mit dem Kind umzugehen, auch wenn es zunächst schwerfällt. Akzeptieren Sie Neurodermitis als eine Krankheit, die zwar zu Ihrem Kind gehört und auch ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit benötigt, die aber Ihr Kind nicht charakterisiert und um derentwillen Sie Ihr Kind nicht stärker lieben müssen. Die Krankheit sollte die Erziehung möglichst wenig beeinflussen, dies gilt besonders dann, wenn noch andere Kinder in der Familie vorhanden sind. Setzen Sie Ihrem Kind sinnvolle, eindeutige Grenzen und unterstützen Sie es darin, selbständig zu werden. Trauen Sie Ihrem Kind mehr zu und fordern Sie es auf, die Gestaltung der Hautpflege mitzubestimmen (siehe letzte Frage Hautkapitel, Seite). Falls die Belastungen durch die Krankheit sehr groß sind, und Sie Ihrem Kind gegenüber negative Gefühle entwickeln, so heißt das nicht, daß Sie eine schlechte Mutter oder ein schlechter Vater sind. Niemand ist perfekt. Wenn Sie sich diese Gefühle zugestehen und auch bei Krankheitsschüben Ihres Kindes Zeit für sich in Anspruch nehmen, geraten Sie nicht in den beschriebenen Teufelskreis. So wird es erheblich leichter, mit der Erkrankung Ihres Kindes umzugehen.

Was sollte ich bei der Erziehung meines Kindes berücksichtigen?

Oft wollen Eltern ihr krankes Kind für seine Krankheit entschädigen und ihm möglichst viel Gutes tun. Eine solche Einstellung führt dazu, daß sie es überfürsorglich und zu nachgiebig erziehen. Weil ein Kind mit Neurodermitis aufgrund des häufigen Juckreizes leicht erregbar ist und seine Stimmung sehr schnell wechseln kann, bewirkt eine solche Erziehung möglicherweise, daß das Kind bald die ganze Familie und Umgebung (Schule, Kindergarten usw.) tyrannisiert. Es wird versuchen, bei allen Personen seinen Willen durchzusetzen. Leistet man ihm Widerstand, so wird das Kind vielleicht schreien, toben und kratzen, um seinen Kopf durchzusetzen.

Solche Situationen führen bei den Eltern und dem Kind zu einer großen psychischen Anspannung, die sich auch auf den Hautzustand des Kindes auswirkt. Unter Streß geben spezielle Zellen Entzündungssubstanzen ab, die sehr schnell zu Juckreiz führen. Um dem Kind und sich selbst diese Belastung zu ersparen, legen Sie klare Grenzen fest und lassen Sie sich nach Möglichkeit nicht durch das Verhalten des Kindes erpressen. Versuchen Sie, gelassen und freundlich zu bleiben, und setzen Sie die einmal getroffene Entscheidung konsequent und liebevoll durch. Das kann gerade dann schwer fallen, wenn sich andere in Ihren Erziehungsstil einmischen und Ihnen Tips geben wollen. Werden Sie im Umgang mit der Erkrankung selbstbewußt, und lassen Sie sich nicht von anderen Mitmenschen verunsichern. Wenn Ihr Kind erkennt, daß Sie immer ruhiger und gelassener mit seinen Wutausbrüchen umgehen, wird es mit der Zeit sein Verhalten ändern.

Ein weiteres Problem in der Erziehung eines Kindes mit Neurodermitis entsteht, wenn das Kind seine Eltern veranlaßt, bestimmte Tätigkeiten zu übernehmen, wie zum Beispiel das Eincremen („Ich kann mich nicht alleine eincremen, bitte mach` du das!“). Das Kind neigt aufgrund dieser passiven Haltung dazu, unselbständig zu werden, was die ohnehin schon große Abhängigkeit von den Eltern noch verstärkt. Es hat Angst, sich von den Eltern, die es behüten und pflegen, zu trennen und empfindet das Alleinsein als Bedrohung. Dadurch kommt es bei ihm zu Spannungszuständen, die wiederum zu Hautreaktionen führen.

Ihr Kind gewinnt dann an Selbstsicherheit, wenn Sie es darin bestärken, seinem Alter entsprechend so eigenständig wie möglich zu sein. Sie sollten ihm ohne Zwang Gelegenheit geben, selbst etwas zu erreichen und eigene Leistungen zu erbringen. Dazu benötigt es Zeit, Geduld und viel Unterstützung. Trauen Sie Ihrem Kind auch die Lösung von Problemen zu. Kinder, die genügend Freiraum haben und zu Selbständigkeit angehalten werden, sammeln viel mehr Erfahrungen und reagieren auf ihre Umwelt viel gelassener als Kinder, denen jede Schwierigkeit aus dem Weg geräumt wird.

Neurodermitis darf nicht zu einem Instrument werden, mit dem das Kind alles erreichen kann. Eine entscheidende Frage, die Sie sich immer wieder stellen sollten, ist: „Würde ich mein Kind in dieser Situation ebenso behandeln, wenn es keine Neurodermitis hätte?“.



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